Skip to main content

Schnuddelpaten

Die "Schnuddelpaten"

von Helga Kristina Kothe - HNA

Simone Garn und Michael Kootz nehmen sich Zeit zum Zuhören und Reden. Sie helfen Menschen über das Alleinsein hinweg, indem sie regelmäßig mit ihnen telefonieren. Die beiden Kasseler engagieren sich als Schnuddelpaten, ein Projekt des Freiwilli- genzentrums Region in Kooperation mit der evangelischen Kirche in Kassel. Den Kontakt zu ihnen hat die Fachkoordination Älterwerden in Niederzwehren (FÄN) vermittelt, die Kooperationspart- ner des Projektes ist.

Simone Garn unterhält mittlerweile drei Patenschaften: Die 56-Jäh- rige nimmt sich jede Woche Zeit für zwei Seniorinnen und eine junge Syrerin, die so leichter Deutsch lernen möchte. Garn erzählt, dass sie durch eine Freundin ihrer Mutter erfahren habe, wie gut es tut, über das Telefon das Leben zu ihr nach Hause zu bringen.

„Und Corona hat die Einsamkeit noch befördert, nicht nur bei Senioren“, betont sie.

Auch Michael Kootz hat durch die Pandemie erlebt, wie sich Alleinsein anfühlt. Er berichtet, dass er seit Herbst alle Kontakte runter- gefahren habe: „Das zehrt.“ Die Schnuddelpaten-Projekt kam ihm da gerade recht: „Eine sinnvolle Sache.“ Der 67-Jährige telefoniert regelmäßig mit einem älteren Herrn: „Die Gespräche geben auch mir etwas. Es ist interessant, mit jemandem zu reden, der anders lebt als ich.“

Simone Garn begeistert es auch, mit Zeitzeugen zu reden, mehr über ihre Schicksale zu erfahren, andere Ansichten zu hören: „Sie sprechen vom alten Kassel, vom Krieg und der Kinderlandverschickung.“ Aber sie erfahre auch, dass sich die Älteren für Umweltschutz und die Aktivitäten von Greta Thunberg interessierten. Und sie spürt, wie Michael Kootz, immer wieder aufs Neue, die Freude bei den Angerufenen und dass man erwartet werde.

Martin Schäfer vom Freiwilligenzentrum Region Kassel sagt, dass die Idee zum Projekt in der Pandemie entstanden sei: „Die telefonischen Anfragen in dieser Zeit bestätigen, dass viele Menschen, ob alt oder jung, sich einsam fühlen.“ Die Hotline habe sich mehr und mehr zum Empathie-Callcenter entwickelt. Anfragen zum Ein- kauf beispielsweise seien oft der Einstieg in lange Gespräche gewesen.

Auch Felicitas Becker-Kasper vom Seniorenreferat der evangeli- schen Kirche ist begeistert von der Schnuddelpaten-Idee. Mittler- weile seien 15 Schnuddelpaten in Zusammenarbeit mit dem Se- niorenreferat und der Telefonseelsorge geschult worden - jüngere wie ältere: „Es ist eine bunte Truppe.“ Rund ein Drittel seien Studierende, die selbst viel Einsamkeit durch Corona erlebt hätten.

Geschnuddelt werde überall, wo Bedarf ist, sagt sie: Mit Älteren, Kranken oder Familien. Wichtig sei das beide Seiten ein gutes Tandem bilden. Es gehe darum, miteinander auf Augenhöhe zu sprechen und Menschen zusammenzubringen, die sich etwas zu sagen hätten. „Und vielleicht entwickelt es sich so, dass man sich irgendwann einmal trifft“, hofft Felicitas Becker-Kasper.

Helga Kristina Kothe - HNA

Kontakt:

Wer Interesse hat, sich als Schnuddelpate zu engagieren oder Kooperationspartner zu werden, kann sich bei Martin Schäfer im Freiwilligenzentrum Region Kassel melden: Telefon 0561/81644334